- Kapitel 1: Frau Stüwing, Peter Döhlmann, Fräulein Weichbrodts Schwester und Justus Kröger sind gestorben. Christian ist nach Hamburg gezogen und hat Aline Puvogel geheiratet. Bald darauf wird er in die Psychiatrie eingeliefert. Thomas hat Stephan Kistenmaker als Nachlassverwalter festgelegt und verfügt, dass die Firma innerhalb eines Jahres aufgelöst werden soll. Der Verkauf verläuft chaotisch, der Verlust ist entsprechend groß. Gerda wiederum verkauft das Haus in der Fischergrube und zieht in eine kleine Villa um. Ida wird entlassen. Hanno nimmt all die Schicksalsschläge als folgerichtig hin.
- Kapitel 2: Ein Tag aus Hannos Leben wird geschildert. Er erwacht am frühen Morgen und sehnt sich zurück ins Theater, wo er am Vortag war. Die Hausaufgaben hat er erfolgreich verdrängt. Viel zu spät verlässt er das Haus und kommt – vom Rennen nassgeschwitzt – in der Schule an, nur Sekunden bevor das Tor geschlossen wird. Die Religionsstunde verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Mehrere Schüler werden abgefragt und schummeln dabei systematisch. In der Pause herrscht Chaos auf dem Schulhof. Rauhe Männlichkeit und preußische Tugenden stehen mittlerweile hoch im Kurs. Weichheit wird verachtet. In dieser Umgebung wirken Hanno und Kai völlig fehl am Platze. Die Lateinstunde beginnt. Doktor Mantelsack ruft nacheinander mehrere Schüler auf. Die meisten schummeln wieder und werden dann für ihre gute Leistung gelobt. Auch die Klasse schätzt jeden, der gekonnt schummelt und verachtet diejenigen, die sich dabei schlecht anstellen. Die Unehrlichkeit erzeugt bei Hanno Übelkeit. Es folgt die Chemiestunde, in der Hanno und Kai schlecht benotet werden. Danach geht es weiter in den Englischunterricht bei Herrn Modersohn. Dieser hat keinerlei Autorität und kann sich gegenüber den dominanten Schülern nicht durchsetzen. Es herrscht Chaos in der Klasse, welches aber schlagartig endet, sobald der Direktor eintritt. Dieser schaut sich den kläglichen Unterricht an und verteilt am Ende wütend Tadel, auch an Hanno, welcher dadurch sitzen bleibt. So bricht ihm die vermeintlich sichere Stunde das Genick. Hanno ist niedergeschlagen und sieht keinerlei Zukunft für sich, da er letztlich nichts kann. Die Geographiestunde und die Zeichenstunde verlaufen ohne besondere Vorkommnisse. Am Mittag setzt er sich ans Klavier und spielt eine seiner langen, traurigen Fantasien.
- Kapitel 3: Der Verlauf einer Typhus-Erkrankung wird beschrieben. Die Symptome decken sich am Anfang mit Hannos typischem Verhalten, werden dann aber rasch schlimmer. An einem gewissen Punkt habe der Kranke jedoch die Wahl, ob er lieber wieder genesen oder sterben wolle. Hanno entscheidet sich fürs Sterben.
- Kapitel 4: Hanno ist seit sechs Monaten tot. Gerda will nun nach Amsterdam zurückkehren. Die restlichen Familienmitglieder verabschieden sie. Christian wird wohl für immer in der Psychiatrie bleiben, da Aline gezielt seine Freilassung verhindert.
1. Hinweise
- Alle Quellenangaben beziehen sich standardmäßig auf die Ausgabe Fischer, 62. Auflage (2012), ISBN 978-3-596-29431-2.
- Die Häufigkeitsangaben bei Personen und Orten sind Richtwerte. Wörter wie „er”, „ihre”, „seine” und ähnliche wurden nicht mitgezählt.
2. Kapitel 1
Erwähnte Personen
- 15xHanno
- 13xGerda
- 11xTony
- 9xThomas
- 8xFamilie Buddenbrook
- 7xAline Puvogel
- 7xStephan Kistenmaker
- 6xIda
- 4xMakler Gosch
- 4xChristian
- 3xFrau Stüwing
- 3xKonsulin
- 3xFriederike
- 3xHenriette
- 3xJohann
- 3xPfiffi
- 2xHerr Marcus
- 2xAlternder Junggeselle
- 2xPeter Döhlmann
- 1xFrau von Justus
- 1xJakob
- 1xFräulein Weichbrodt
- 1xNelly
- 1xVater von Gerda
- 1xChristians Arzt
- 1xAntoinette
- 1xJustus
- 1xFamilie Hagenström
- 1xOnkel von Ida
- 1xTochter von Peter Döhlmann
- 1xKonsul
Erwähnte Orte
- 7xHaus in der Fischergrube
- 5xLübeck
- 3xHamburg
- 3xBurgtor
- 2xVilla vorm Burgtor
- 2xAnstalt (Hamburg)
- 1xHaus in der Mengstraße
- 1xAmsterdam
- 1xSalon (Haus in der Fischergrube)
- 1xBörse (Lübeck)
- 1xJohanniskloster
- 1xWestpreußen
Zusammenfassung
Seit Thomas' Tod sind mehrere Personen gestorben, darunter Frau Stüwing (Gottholds Witwe), Fräulein Weichbrodts Schwester, Peter Döhlmann und Justus Kröger. Peter Döhlmann hat seiner Tochter nichts hinterlassen, welche daher ins Johanniskloster gehen musste. Justus' Frau wiederum verkauft nun den restlichen Besitz der Krögers, um das Geld an Jakob zu schicken.
Christian ist inzwischen wieder nach Hamburg gezogen, wo er Aline Puvogel geheiratet hat. Frei verfügen kann er jedoch noch immer nicht über seinen Anteil am Familienvermögen, da dieser nun von Stephan Kistenmaker verwaltet wird (hatte Thomas so explizit im Testament festgesetzt). Stephan ist auch für das restliche Vermögen der Buddenbrooks verantwortlich, stellt sich damit allerdings nicht allzu gut an. Zudem ist er der Vormund von Hanno.
Thomas hat in seinem Testament festgelegt, dass die Firma innerhalb eines Jahres verkauft werden soll. Tony ist betrübt darüber, vor allem da Hanno noch als Nachfolger existiert. Sie glaubt jedoch fest daran, dass dieser schon etwas neues aufbauen wird, um so der Familie Ehre einzubringen. Letztlich stellt sich die Frist für den Verkauf als zu kurz heraus, weswegen der Besitz der Firma hastig und weit unter Wert verkauft werden muss. Stephans Übereifer und die Trägheit von Herrn Marcus ergänzen sich dabei auf denkbar schlechte Weise. Vom ursprünglichen Vermögen in Höhe von 650.000 Kurantmark bleibt am Ende nicht viel übrig.
Bald darauf will Gerda das Haus in der Fischergrube verkaufen. Das führt nicht nur zu Gerüchten bezüglich der finanziellen Lage der Buddenbrooks, sondern betrübt auch Tony sehr, die sich ums Prestige der Familie sorgt. Erstmalig überlegt Gerda nun auch, nach Amsterdam zurückzukehren, was ihr die entsetzte Tony aber ausreden kann.
Makler Gosch verhandelt direkt mit Gerda wegen des Verkaufs des Hauses, wodurch für ihn geradezu ein Traum wahr wird. Stephan empfindet Gerdas Initiative als Einmischung, lehnt daher Goschs Angebot in Höhe von 85.000 Kurantmark hochnäsig ab und muss schließlich für 75.000 an jemand anders verkaufen.
Für Gerda und Hanno wird eine kleine Villa vorm Burgtor erworben. Im Herbst 1876 ziehen sie um. Bei dieser Gelegenheit wird auch Ida entlassen, welche gegenüber Gerda zunehmend anmaßend aufgetreten ist. 40 Jahre hat sie für die Buddenbrooks gearbeitet. Bei der Verabschiedung vom nunmehr 15-jährigen Hanno weint sie bitterlich. Dieser blickt nur grüblerisch drein und betrachtet das ganze als logische Fortführung aller vorherigen Ereignisse. Tony kommt weniger gut mit dem Abstieg der Familie klar. Je schlechter die Lage wird, desto mehr redet sie von der großartigen Vergangenheit. Beim Gedanken an den Erfolg der Hagenströms bekommt die Magenkrämpfe.
Unterdessen verschlechtert sich Christians Zustand wieder. Auf Bitten Alines und seines Arztes hin, lässt er sich in eine Anstalt einweisen. Dort ist er zwar nicht gerne, kommt fortan aber auch nicht mehr raus, wodurch Aline ihr früheres Leben ungehindert fortführen kann.
3. Kapitel 2
Erwähnte Personen
- 108xHanno
- 58xKai
- 45xDoktor Mantelsack
- 26xHerr Modersohn
- 24xDirektor Wulicke
- 16xAdolf Todtenhaupt
- 16xTimm
- 16xSchüler Petersen
- 14xHerr Ballerstedt
- 10xMumme
- 10xEdgar Lüders
- 8xSchüler Heinricy
- 7xHans Hermann Kilian
- 7xProfessor Hückopp
- 7xGerda
- 7xWasservogel
- 6xDoktor Marotzke
- 6xSchüler Perlemann
- 5xDoktor Goldener
- 4xChristian
- 4xDoktor Mühsam
- 3xFräulein Clementine
- 3xHerr Schlemiel
- 3xHerr Brecht
- 2xHerr Drägemüller
- 2xSchüler Feddermann
- 2xHeinrich Heine
- 2xStephan Kistenmaker
- 2xHerr Tietge
- 2xEdgar Allan Poe
- 2xThomas
- 2xAndreas Pringsheim
- 2xSchüler Kaßbaum
- 2xRoderich Usher
- 1xFamilie Buddenbrook
- 1xBeethoven
- 1xNebenmann von Schüler Petersen
- 1xBismarck
- 1xKant
- 1xJohann
- 1xBach
- 1xGroßkaufmann Kaßbaum
Erwähnte Orte
- 27xHannos Klassenzimmer (Schule)
- 12xSchule (Lübeck)
- 11xVorderer Hof (Schule)
- 7xHannos Zimmer (Villa vorm Burgtor)
- 4xKorridor (Schule)
- 4xHessen-Nassau
- 4xTreppe (Schule)
- 3xChemieraum (Schule)
- 3xVilla vorm Burgtor
- 3xSalon (Villa vorm Burgtor)
- 3xTurnhalle (Schule)
- 3xStadttheater (Lübeck)
- 3xVorgarten (Villa vorm Burgtor)
- 2xHerr Drägemüllers Zeichensaal
- 2xBurgtor
- 2xLübeck
- 1xHaus der Familie Mölln
- 1xVeranda (Villa vorm Burgtor)
- 1xKastanienallee (Villa vorm Burgtor)
- 1xSpeisezimmer (Villa vorm Burgtor)
- 1xSchule
- 1xVorstadt (Lübeck)
- 1xKlub
- 1xHolstein
- 1xGartenpforte (Villa vorm Burgtor)
- 1xErstes Stockwerk (Schule)
- 1xErdgeschoß (Villa vorm Burgtor)
- 1xHamburg
- 1xWohnzimmer (Villa vorm Burgtor)
- 1xMecklenburg
- 1xTreppe (Villa vorm Burgtor)
- 1xBenachbarte Villa (Villa vorm Burgtor)
Zusammenfassung
Es ist 6 Uhr, kalt und dunkel, an einem Montagmorgen. Grimm und Verzweiflung packen Hanno, während er von seinem Wecker aus dem süßen Schlaf gerissen wird. Am vorherigen Tag war er im Stadttheater gewesen, als Belohnung nach etlichen Zahnarztbesuchen. Die Schule am nächsten Tag hat er verdrängt, so gut er nur konnte und die Hausaufgaben lieber auf den folgenden Morgen verschoben. Das Theaterstück war für ihn wie das pure Glück gewesen, doch nun folgt der Absturz, zurück in die harte Realität des Schulalltags. Er bekommt das Gefühl, dass nach jedem derartigen Rausch geradezu zwangsweise das unangenehme Erwachen folgt.
Es ist eiskalt im Zimmer, Hanno friert. Am liebsten wäre er nie wieder aufgewacht. Er ist sich sicher, an diesem Tag im Latein- und Chemieunterricht abgefragt zu werden. Dennoch findet er für sich Ausreden, wieso es gänzlich sinnlos sei, doch noch die Hausaufgaben zu erledigen. So gibt er sich bald wieder ganz dem Schlaf hin.
Um 7 Uhr wacht er wieder auf. Für die Hausaufgaben ist nun keine Zeit mehr. Aus Trotz heraus gönnt er sich dennoch weitere 10 Minuten im Bett, dann springt er auf. Es ist schauderhaft kalt im Zimmer, wodurch das Waschen zur reinsten Quälerei wird. Kaum damit fertig, packt er gehetzt seine Bücher ein, zieht sich einen Jackettanzug an und stürzt um 7:45 Uhr ins Speisezimmer. Dort trifft er auf Fräulein Clementine, die neue Jungfer von Gerda. Er stopft noch ein wenig Frühstück rein und verlässt dann das Haus. Um 8 Uhr geht die Schule los und so rennt er, so schnell er nur kann, durch die Kälte. Mit letzten Kräften kommt er auf dem Schulgelände an, just bevor das Tor – vor dem er am liebsten tot umgefallen wäre – geschlossen wird. Die anderen Schüler halten noch die Morgenandacht und so schleicht sich Hanno leise ins Klassenzimmer. Dort lässt er sich auf seinen Sitz fallen und genießt die letzten paar Minuten Sicherheit.
Kai kommt hervor, der sich zuvor im Raum versteckt hatte. Er wirkt verdreckt, aber dennoch edel. Mittlerweile ist er im Stimmbruch, welcher bei Hanno noch nicht eingesetzt hat. Mitleidig erkennt er, dass sein Freund rennen musste. Hanno erzählt wehmütig von seinem Theaterbesuch. Kai hat noch nie ein Theater besucht und wird wohl auch die nächsten Jahre über nicht in eines gelangen, hat aber dennoch Verständnis für Hannos schlechte Stimmung. Beide stellen fest, dass sie nichts gelernt haben. Während Kai sich eher zuversichtlich zeigt, kann Hanno nur daran denken, dass er wohl an diesem Tag den letzten Tadel bekommen wird, der ihm zum Sitzenbleiben noch fehlt.
Die anderen Schüler kommen von der Morgenandacht zurück. Kai mischt sich unter sie, Hanno bleibt einfach lethargisch sitzen. Bald darauf beginnt der Religionsunterricht bei Oberlehrer Ballerstedt. Dieser wirkt sympathisch, stottert leicht und hat einen Hang zum weltlichen Wohlleben. Er besucht den Klub und kennt Christian gut, weswegen er auch mit Hanno freundlich umgeht. Während die Klasse noch halb am schlafen ist, ruft er nacheinander mehrere Schüler auf, von denen die meisten einfach heimlich aus dem Buch ablesen. Dann beginnt er mit dem eigentlichen Unterricht. Niemand hört ihm jedoch wirklich zu. Kai liest fröhlich in einem Roman von Edgar Allan Poe, während Hanno im Halbschlaf vor sich hin starrt und nur noch den Wunsch hegt, dass diese gefahrlose Stunde niemals enden möge.
Doch genau dieses Ende der Stunde kommt unausweichlich. Als nächstes steht Latein an. Mit Unbehagen und ohne Hoffnung schaut er auf die zu lernenden Verse aus dem Ovid, bevor sie den Raum für die Pause verlassen. Auf dem Hof führt der eitle Doktor Goldener Aufsicht, der sich zu vornehm ist, um bei Problemen einzuschreiten, weswegen eher Chaos herrscht. Erst kürzlich ist Lübeck siegreich aus einem Krieg hervorgegangen. Seitdem huldigt man der rauen Männlichkeit. Trinken, Rauchen und Sport stehen hoch im Kurs, während Weichlichkeit und Geckenhaftigkeit verachtet werden. Die ungewöhnliche Freundschaft von Hanno und Kai ist in der ganzen Schule bekannt. Die Lehrer beäugen diese kritisch. Die anderen Schüler wiederum können sich keinen rechten Reim darauf machen und betrachten die beiden als fremdartige Sonderlinge, die sozusagen auf dem falschen Planeten gestrandet sind. Weder Hanno noch Kai verstehen sich in irgendeinem Punkt mit ihren Altersgenossen. Sie verlieren sich gerne in Fantasien und selbst wenn sie sich über die Lehrer lustig machen, verwenden sie eine wesentlich subtilere Sprache als die anderen Schüler. Aufgrund seiner Wildheit und zügellosen Unbotmäßigkeit genießt Kai bei diesen noch einen gewissen Respekt, während Hanno schon so verweichlicht ist, dass er selbst von den brutalsten Schülern nicht angegriffen wird.
Hanno erwartet fest, in der Lateinstunde einen Tadel zu bekommen. Er hat geradezu Schmerzen vor Angst, doch fürchtet er sich nicht vor dem Sitzenbleiben an sich, sondern vor dem Eklat, der damit verbunden ist. Er wünscht sich geradezu, endlich den Tadel zu bekommen, damit alles seinen geordneten Weg geht. Kai hört ihm kaum zu, ist in Gedanken ganz bei der Geschichte von Edgar Allan Poe. Mittlerweile hat er selbst sein erstes Märchen in kunstvoller Sprache geschrieben, welches Hanno bereits kennt und liebt.
Direktor Doktor Wulicke, der Leiter der Schule, erscheint auf dem Hof. Die Schüler und der Aufsicht führende Lehrer geraten sofort in Panik und überstürzen sich geradezu darin, das Chaos wieder in den Griff zu bekommen. Kai nennt ihn spaßhaft den lieben Gott, der nun in seinem Garten lustwandle. Nett ist der Direktor jedoch nicht, eher ein furchtbarer Mensch. Sein Vorgänger war noch jovial und menschenfreundlich. Unter diesem galt Bildung als heiterer Selbstzweck, den man mit Ruhe, Muße und fröhlichem Idealismus verfolgte. Gutmütigkeit, Heiterkeit, Wohlwollen und Behagen prägten den Schulalltag. Jetzt stehen preußische Werte wie Autorität, Pflicht, Macht, Dienst und Karriere im Vordergrund. Sowohl Lehrer als auch Schüler fühlen sich wie Beamte, die nur noch darauf bedacht sind, bei den Machthabern gut dazustehen. Der Direktor gilt als völlig unberechenbar: Selbst wenn er fröhlich ist, kann er einen urplötzlich zermalmen. Alle seine Untergebenen begegnen ihm daher mit wahnsinniger, zitternder Demut, in der Hoffnung, dass es sie nicht erwischt.
Bald darauf schellt es. Auf dem Weg in die Klasse lacht Hanno köstlich über Kais Scherze, was auf die anderen einmal mehr befremdlich und albern wirkt. Mit dem Eintreten von Oberlehrer Doktor Mantelsack beginnt die Lateinstunde. Dessen Art zu bewerten ist sehr speziell: Stets hat er einige Lieblinge in der Klasse, die sich alles erlauben können und dennoch gute Noten bekommen – zumindest solange bis sie plötzlich seine Gunst wieder verlieren. Niemand protestiert dagegen, weil er sich damit die Chance verbauen würde, jemals dessen Liebling zu werden. An diesem Tag ist er gut gelaunt.
So gut, dass er vergnügt einen seiner Lieblinge aufruft, statt Hanno, der eigentlich an der Reihe gewesen wäre. Der Aufgerufene weiß um seinen Status als Liebling und macht sich daher nicht einmal die Mühe, zu schummeln.
Als nächstes wird Timm drangenommen, der heimlich aus seinem Buch abliest. Am Ende ist Doktor Mantelsack mit Timms Leistung zufrieden. Auch die anderen Schüler sind nun der Ansicht, dass dieser fleißig gewesen sei und seine Note verdient habe. Selbst Hanno fühlt so, obwohl sich auch etwas in ihm dagegen wehrt.
Anschließend soll Mumme noch einmal alles wiederholen. Mumme ist extrem kurzsichtig und kann daher im Stehen nicht heimlich aus seinem Buch ablesen. Er hat zwar gelernt, aber nicht genügend, als dass er mit dem schummelnden Timm mithalten könnte. Mantelsack wird zunehmend zorniger, bezeichnet ihn schließlich als dumm und faul. Auch die ganze restliche Klasse verachtet Mumme nun. Wieder empfindet Hanno Widerwillen.
Aus Zorn geht Doktor Mantelsack zur ursprünglichen Reihenfolge über und ruft Hanno auf. Zu dessen Glück hält ihm sein Vordermann das Buch hin. So liest er die Verse ab, stellt sich dabei aber absichtlich schlecht an, damit der Betrug weniger gemein ist. Er bekommt eine befriedigende Note und so wird auch er von der ganzen Klasse als fleißig wahrgenommen. Wieder wird ihm übel im Anbetracht der unfairen Benotung.
Nach ihm kommt Petersen dran, um die neu zu übersetzenden Verse vorzutragen. Munter und zuversichtlich liest dieser aus seiner Übersetzungshilfe ab. Zu seinem Unglück bemerkt der Lehrer diesmal ausnahmsweise den Betrug. Seine gestammelten Ausreden sind zwecklos. Am Ende bekommt er einen Tadel und wird von Doktor Mantelsack als der „Schandfleck der Klasse” bezeichnet. Genauso begegnen ihm nun auch alle anderen Schüler mit Ekel, Mitleid und Grauen. Diejenigen Schüler, die von „rechtschaffener Konstitution”, „stark und tüchtig für das Leben” geschaffen sind, akzeptieren die Situation wie sie ist. Hanno jedoch fühlt Abscheu, Widerstand und Furcht bei der ganzen Sache. Die restliche Lateinstunde vergeht ohne größere Ereignisse.
Danach geht es weiter in den Chemieunterricht. Auf dem Weg beglückwünscht Kai seinen Freund für dessen Glück. Hanno jedoch bereitet genau dieses Glück eher Übelkeit.
Vor Anfang der Stunde schreiben sie noch schnell die Hausaufgaben vom Musterschüler der Klasse ab. Dann tritt der Chemielehrer, Oberlehrer Doktor Marotzke, ein. Dieser ist Reserveoffizier, legt Wert auf Disziplin und ist daher beim Direktor hoch angesehen. Marotzke geht durch die Reihen und prüft die Hausaufgaben, wobei er allerdings keineswegs gründlich vorgeht und so ziemlich alles durchgehen lässt. Danach werden die Schüler geprüft. Sowohl Hanno als auch Kai wissen nichts und werden entsprechend schlecht benotet. Ein paar Experimente werden noch vorgeführt, dann endet die Stunde.
Als nächstes steht Englisch beim jungen Kandidaten Modersohn an. Dieser wirkt schwach und weich, zeigt keinerlei Autorität. Die Schüler nehmen ihn nicht ernst, machen stattdessen Lärm, veranstalten Chaos, sabotieren die Tür und machen ihn gezielt lächerlich. Modersohn wehrt sich nicht dagegen, sondern tut so, als würde er von all dem nichts bemerken. Aufgrund seiner Hilflosigkeit empfindet Hanno Sympathie für ihn. Der Lehrer kennt noch immer nicht die Namen der meisten Schüler. Seine Versuche, jemanden aufzurufen, scheitern daher und sorgen für allgemeines Gelächter in der Klasse. Dummerweise kennt er Hannos Namen und verdonnert daher diesen zu einer Strafarbeit. Dass Hanno wohl mit am wenigsten getan hat, spielt dabei keine Rolle, ist er doch schließlich der einzige, der sich nicht wehrt. Ein Schüler erbarmt sich schließlich, die Verse eines Gedichts aus dem Buch abzulesen. Nach wie vor herrscht jedoch völliges Chaos in der Klasse.
Plötzlich kommt der Direktor herein. Mit einem Schlag herrscht Stille und alle stehen stramm. Er setzt sich und lässt den zitternden Modersohn fortfahren. Verschiedene Schüler werden abgefragt, darunter auch Hanno, können aber in der Regel nichts vortragen. Am Ende der Stunde ist der Direktor stinksauer. Die Zukunft des Lehrers ist damit de facto besiegelt. Doch auch alle die nichts wussten, bekommen einen Tadel reingedrückt, einschließlich Hanno.
Hanno ist niedergeschlagen. Seine Versetzung ist dahin. Er stellt fest, dass das Leben einen – wie aus Hohn – nur dann mit dem Unheil überfällt, wenn man gerade nicht damit rechnet. Zu Hause läuft es für ihn kaum besser. Seit Thomas' Tod fragen ihn Stephan Kistenmaker und Pastor Pringsheim ständig danach, was er einmal werden will. Er weiß jedoch keine Antwort darauf. Besondere Fähigkeiten kann er bei sich nicht erkennen und so befällt ihn Angst vor der Zukunft. Musiker zu werden sei ausgeschlossen. Das Umherreisen würde man ihm nie erlauben und berühmt wolle er auch nicht werden. Ohnehin könne er kaum mehr als etwas am Klavier zu fantasieren. Er sei ein hoffnungsloser Fall und würde am liebsten sterben. Kai hingegen würde bestimmt einmal ein erfolgreicher Schriftsteller werden, da er mehr Mut und Widerstandskraft habe.
Die Geographiestunde bei Oberlehrer Doktor Mühsam beginnt. Er führt eine Prüfung durch und weist die Schüler an, die Merkwürdigkeiten von Hessen-Nassau in ihr Heft zu zeichnen. Hanno weiß wieder nichts, wird vom Lehrer am Abschreiben gehindert und gibt schließlich ein fast leeres Blatt ab.
Danach folgt die Zeichenstunde bei Herrn Drägemüller, welcher eher eigentümlich ist, ungewöhnliche Wörter verwendet und gerne gegen die Sozialdemokratie hetzt. Kai nutzt die Stunde, um an seiner neuen literarischen Arbeit zu schreiben. Hanno träumt unterdessen von der Musik.
Zu Hause angekommen isst Hanno eine Kleinigkeit und spielt dann ein schweres Stück von Bach am Harmonium. Nach einem Mittagessen musiziert er mit Gerda, welche aber bald unzufrieden mit ihrer Leistung ist und auf ihr Zimmer geht. So bleibt er alleine im Salon zurück, zieht den Vorhang zu und beginnt, eine seiner Fantasien zu spielen, auch wenn Kai ihm zuvor davon abgeraten hatte.
Er beginnt damit, nur ein einfaches, kurzatmiges und armseliges Motiv zu spielen. Dessen Melodie besteht nur aus einer einzigen Auflösung: Einem sehnsüchtigen, schmerzlichen Hinsinken von einer Tonart in die andere. Diese spielt er so pompös, dass es seltsam, geheimnis- und bedeutungsvoll klingt. Mit der Zeit wird das Gespielte komplexer. Die Melodie klingt dann suchend und irrend, manchmal auch fragend, klagend, ersterbend, verlangend und verheißungsvoll. Synkopen, die wie „Schreie der Furcht” wirken, sind zu hören und dominieren bald das ganze Lied. Dann folgt ein kurzer Augenblick der Stille, bevor wieder das erste, schmerzliche Motiv einsetzt. Dieses wandelt sich wiederum, zuerst in einen unternehmenden, stürmischen Klang, dann mehr in verzweifelten Übermut und Angstrufe. Das Spiel wird zunehmend chaotischer. Die ganze Zeit schwingt jedoch sehnsüchtig das erste Motiv mit, wie eine selige Verheißung, umgeben von Tönen, die wie Schreie klingen. Bald darauf setzt der „Höhepunkt” ein, welcher wie mit „Krämpfe[n] der Sehnsucht” erwartet worden sei. Das Ende des Liedes klingt wie eine Erfüllung, wie ein Wohlklang, nach entzückendem Aufjauchzen, süß und sehnsüchtig. Das erste Motiv dominiert wieder und erweckt den zügellosen Eindruck eines Triumphs. Es ergießt sich, weint, zittert, jubelt und schluchzt geradezu. Zudem hat es etwas brutales, stumpfsinniges, asketisches und religiöses an sich, erinnert an Glaube, Selbstaufgabe, und an fanatischen Kultus des Nichts. Es wird mit lasterhafter Maßlosigkeit, Unersättlichkeit und Gier genossen und ausgebeutet, bis Überdruss, Ekel und Erschöpfung einsetzen. Zuletzt folgen einige sanfte Töne in Moll, die sich in Dur auflösen und mit einem wehmütigen Zögern sterben.
Hanno steht auf, blass und geschwächt. Später sitzt er noch bis nach Mitternacht am Harmonium. Für den nächsten Morgen nimmt er sich wieder vor, um 6 Uhr aufzustehen und dann seine Hausaufgaben zu machen.
4. Kapitel 3
Erwähnte Personen
- 2xDoktor Langhals
Erwähnte Orte
Zusammenfassung
Der Verlauf einer Typhus-Erkrankung wird geschildert. Wie man später erfahren wird, ist Hanno von dieser betroffen.
Die Krankheit beginnt zunächst mit einer allgemeinen Verstimmung, welche sich rasch zur Verzweiflung auswächst. Weitere dann folgende Symptome sind: Ermattung, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Magenprobleme, Kopfschmerzen, Delirium, Schwindel, Schmerzen im ganzen Körper, anfängliches Organversagen und Nasenbluten. Anschließend folgen Schüttelfrost, hohes Fieber, rasender Puls und rote Flecken auf dem Bauch.
Nach einer Woche setzt die zweite Phase ein. In dieser verschwinden die Schmerzen, dafür steigen Körpertemperatur, Puls und Atemfrequenz weiter an. Der Kranke schläft viel, redet wirr, wirkt geistig abwesend, teilnahmslos und erscheint wie betäubt. Sein Unterleib bläht sich auf, die Wangen werden blau und die Knie spreizen sich. Zähne und Zunge sind von einer schwarzen Masse bedeckt.
In der dritten Wochen liegt der Kranke nur noch geistesabwesend im Bett. In seinen Fieberträumen spricht dann das Leben zu ihm und fordert ihn zum Umkehren auf. Regen sich dann Pflichtgefühl, Scham, Energie, Mut, Freude, Liebe oder Zugehörigkeitsgefühl, so wird er genesen. Empfindet er beim Klang der Stimme aber Furcht und Abneigung, dann wird er vor dieser fliehen und letztlich sterben.
Bei manchen Personen ist es schwer, die ersten Typhus-Symptome vom normalen Charakter zu unterscheiden. Einem kompetenten Arzt sollte dies aber gelingen. Dieser wird dann Jod, Jodkalium, Chinin und Antipyrin verordnen. Dazu viel frische Luft, regelmäßige Bäder, etwas Kognak oder Champagner und eine leichte, aber kräftigende Diät.
5. Kapitel 4
Erwähnte Personen
- 17xGerda
- 11xTony
- 8xFriederike
- 7xKlothilda
- 7xFräulein Weichbrodt
- 7xPfiffi
- 6xHanno
- 6xHenriette
- 4xThomas
- 4xErika
- 3xChristian
- 2xFrau von Justus
- 2xJohann
- 2xKai
- 1xVater von Gerda
- 1xMakler Gosch
- 1xFamilie Buddenbrook
- 1xAndreas Pringsheim
- 1xAline Puvogel
- 1xGrünlich
- 1xArzt von Christian
- 1xKonsul
Erwähnte Orte
- 2xAmsterdam
- 2xSchule (Lübeck)
- 2xWohnzimmer (Villa vorm Burgtor)
- 2xVilla vorm Burgtor
- 2xLübeck
- 1xKastanienallee (Villa vorm Burgtor)
- 1xBreite Straße
Zusammenfassung
Es ist ein regnerischer, windiger Tag im Herbst. Hanno ist infolge seiner Typhus-Erkrankung vor nunmehr sechs Monaten gestorben. Fräulein Weichbrodt, Gerda, Tony, Erika, Gottholds Töchter und Klothilda sitzen im Wohnzimmer der kleinen Villa vorm Burgtor. Auch Justus' Frau, die sich inzwischen keine guten Kleider mehr leisten kann, ist anwesend.
Man ist zusammengekommen, um Gerda zu verabschieden. Diese will zurück zu ihrem Vater nach Amsterdam. Die Wohnung hat sie bereits an Makler Gosch verkauft. Mitnehmen wird sie nichts. Die mittlerweile 75-jährige Fräulein Weichbrodt beklagt sich über die Abreise. Tony zeigt hingegen mehr Verständnis. Gerda habe inzwischen, 21 Jahre nach ihrer Ankunft in Lübeck, alles verloren. Nichtsdestotrotz ist sie selbst in ihrem Inneren todunglücklich über den Abschied. Sie ergibt sich jedoch dem Schicksal, ist bemüht, Würde zu zeigen und erinnert sich gleichzeitig frustriert an bessere Tage zurück. Sie hat mittlerweile die 50 erreicht. Das Alter sieht man ihr aber kaum an.
Klothilda und Erika zeigen sich gleichmütig. Letztere (31 Jahre alt) blickt müde und hat infolge ihrer Schicksalsschläge gegenüber dem Leben resigniert.
Tony übernimmt die Familienpapiere von Gerda. Sie stellt Beobachtungen über die Zukunft und – vor allem – die Vergangenheit an. Dabei bemerkt sie, dass ihre Stellung inzwischen genauso niedrig ist wie die von Klothilda.
Gerda bedauert es, sich nicht mehr von Christian verabschieden zu können. Dieser ist zwar inzwischen wieder einigermaßen genesen, aus der Anstalt wird er aber trotzdem nicht entlassen. Man vermutet, dass Aline mit dem zuständigen Arzt unter einer Decke steckt und so die Freilassung verhindert.
Langsam wechselt das Thema, hin zu Hannos Tod. In dessen letzten Tagen habe sich Kai „beinahe mit Gewalt” Zugang zum Krankenzimmer verschafft und unaufhörlich Hannos Hände geküsst. Dieser habe beim Erklingen von Kais Stimme gelächelt, obgleich er schon kaum mehr bei Bewusstsein war. Tony beklagt mit bitteren Tränen Hannos Tod. Sie habe den Jungen über alles geliebt. Genauso vermisst sie Thomas, den Konsul und Johann. Friederike ist überzeugt davon, dass es ein Wiedersehen nach dem Tod gäbe, woran Tony jedoch nicht glaubt. Daraufhin springt Fräulein Weichbrodt auf. Sie hat ihren Glauben nicht verloren und betont, ja besteht geradezu darauf, dass es dieses Wiedersehen tatsächlich geben wird, dass man nach dem Tod seine Belohnung für all die Leiden erhält, die man im Leben auf sich nehmen musste.
6. Zitate aus Teil 11
Seite | Typ | Textstelle | Erläuterung / Notiz |
---|---|---|---|
S.699u - S.700o | Zitat | Der alten Ida Verabschiedung schloß sich in seiner Anschauung folgerichtig den anderen Vorgängen des Abbröckelns, des Endens, des Abschließens, der Zersetzung an, denen er beigewohnt hatte. Dergleichen befremdete ihn nicht mehr; es hatte ihn seltsamerweise niemals befremdet. Manchmal, wenn er seinen Kopf mit (...) den immer ein wenig verzerrten Lippen erhob (...), war es, als schnuppere er behutsam in die Atmosphäre und Lebensluft, die ihn umgab, gewärtig, den Duft, den seltsam vertrauten Duft [des Todes] zu verspüren, den an der Bahre seiner Großmutter alle Blumengerüche nicht zu übertäuben vermocht hatten ... | |
S.701o | Zitat | Hanno Buddenbrook erschrak zuinnerst. Wie jeden Morgen zogen sich bei dem jähen Einsetzen dieses zugleich boshaften und treuherzigen Lärmes [des Weckers], auf dem Nachttische, dicht neben seinem Ohre, vor Grimm, Klage und Verzweiflung seine Eingeweide zusammen. Äußerlich aber blieb er ganz ruhig, veränderte seine Lage im Bette nicht und riß nur rasch, aus irgendeinem verwischten Morgentraume gejagt, die Augen auf. | |
S.701u - S.702o | Zitat | Nun war alles beiseite geschafft und überwunden gewesen, denn die Schulaufgaben hatte er kurz entschlossen jenseits des Sonntagabends geschoben. Was hatte der Montag bedeutet? War es wahrscheinlich gewesen, daß er jemals anbrechen würde? Man glaubt an keinen Montag, wenn man am Sonntag abend den »Lohengrin« hören soll ... Er hatte am Montag frühzeitig aufstehen wollen und diese albernen Sachen erledigen -- damit genug! Nun war er frei umhergegangen, hatte die Freude seines Herzens gepflegt, am Flügel geträumt und alle Widrigkeiten vergessen. | |
S.702m-u | Zitat | Da hatte ihn ein Anfall jener gänzlichen Verzagtheit überwältigt, die er so wohl kannte. Er hatte wieder empfunden, wie wehe die Schönheit tut, wie tief sie in Scham und sehnsüchtige Verzweiflung stürzt und doch auch den Mut und die Tauglichkeit zum gemeinen Leben verzehrt. So fürchterlich hoffnungslos und bergeschwer hatte es ihn niedergedrückt, daß er sich wieder einmal gesagt hatte, es müsse mehr sein als seine persönlichen Kümmernisse, was auf ihm laste, eine Bürde, die von Anbeginn seine Seele beschwert habe und sie irgendwann einmal ersticken müsse ... | |
S.702u | Zitat | Dann hatte er den Wecker gerichtet und geschlafen, so tief und tot, wie man schläft, wenn man niemals wieder erwachen möchte. | |
S.706m-u | Zitat | Er war außer sich über dieses Lächeln [der Passanten an denen er vorbeiläuft]. Was dachten sie sich und wie beurteilten diese Ungeängstigten die Sachlage? Es beruht auf Roheit, hätte er ihnen zuschreien mögen, Ihr Lächeln, meine Herrschaften! Sie könnten bedenken, daß es innig wünschenswert wäre, vor dem geschlossenen Hoftore tot umzufallen ... | |
S.710u | Notiz | ... »Ich bin gar nichts und kann gar nichts«, sagte Hanno. ... |
Kann auch als allgemeine Aussage gewertet werden, welche dann ein negatives Selbstbild offenbart.
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S.711m-u | Notiz | ... Er stieg vom Katheder hinab und begab sich zur Tür, um sich unter die Hereinkommenden zu mischen. Was Hanno betraf, so erhob er nur einen Augenblick den Kopf, verzog den Mund und blieb einfach sitzen. ... |
Hannos Verhalten ist hier im Vergleich zu Kai passiver, resignierender. Er schafft es nicht/kaum, aus der Situation das Beste zu machen, sondern verliert sich im Leid.
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S.715u | Notiz | ... und Gottlieb Kaßbaum, Sohn des verunglückten Großkaufmanns Kaßbaum, ... |
Der Großkaufmann Kaßbaum ist insofern verunglückt, als dass er ins Gefängnis gekommen ist (siehe dazu Teil 10).
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S.720o-m | Zitat | Übrigens genoß Kai Graf Mölln eines gewissen Respekts wegen der Wildheit und zügellosen Unbotmäßigkeit, die man an ihm kannte. Was aber Hanno Buddenbrook betraf, so konnte selbst der große Heinricy, der doch alle Welt prügelte, sich nicht entschließen, wegen Geckenhaftigkeit und Feigheit Hand an ihn zu legen, aus unbestimmter Furcht vor der Weichheit seines Haares, vor der Zartheit seiner Glieder, vor seinem trüben, scheuen und kalten Blick ... | |
S.720m | Zitat | [Hanno:] »(...) Wenn diese widerliche Ovidstunde erst vorüber wäre! Wenn ich meinen Tadel im Klassenbuch hätte und sitzenbliebe und alles in Ordnung wäre! Ich fürchte mich nicht =davor=, ich fürchte mich vor dem Eklat, der damit verbunden ist ...« | |
S.733u | Notiz | ... Und dann kam noch einer daran, der mäßig vorbereitet war und nicht einmal wußte, was »_patula Jovis arbore, glandes_« hieß, weshalb Buddenbrook es sagen mußte ... Er sagte es leise und ohne aufzublicken, weil Doktor Mantelsack ihn fragte, und erhielt ein Kopfnicken dafür. ... |
Dann wenn Hanno etwas weiß, ist es seiner Meinung nach nichts besonders mehr bzw. kein nennenswert positives Zeichen, dies zu wissen.
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S.735m | Notiz | ... Hans Hermann Kilian ward belobigt, weil er wußte, daß _BaSO4_ oder Schwerspat das gebräuchlichste Fälschungsmittel sei. ... |
Da den ganzen Tag über sowieso fast nur geschummelt wird, überrascht es nicht, dass ein Schüler weiß, welche chemische Substanz besonders häufig zum Fälschen verwendet wird.
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S.738o | Notiz | ... In der Tat, Buddenbrook hatte gelacht, er war über Kais Witz in ein leises und heftiges Lachen geraten, dem er nicht Einhalt gebieten konnte. Er fand ihn gut, und besonders das »Leider« erschütterte ihn mit Komik. ... |
Kais Witz war gewesen, dass der Schüler Petersen "Leider dem Wahnsinn verfallen" sei. Dass Hanno das Wort "Leider" darin lustig findet, lässt sich mit seiner Todessehnsucht in Verbindung bringen. Beim Wahnsinn handelt es sich zwar nicht um den Tod, dafür aber um einen Zustand, in dem das Bewusstsein hinreichend von der Welt entkoppelt ist, um diverse negative Emotionen nicht mehr wahrnehmen zu müssen (insbesondere jene, die mit der Schule oder dem Erfolg im allgemeinen verbunden sind).
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S.738m-u | Notiz | ... Er kannte den Schüler Buddenbrook nur deshalb, weil er sich durch stilles Verhalten von den anderen unterschieden hatte, und diese Sanftmut nützte er dazu aus, ihn unaufhörlich die Autorität fühlen zu lassen, die er den Lauten und Frechen gegenüber nicht geltend zu machen wagte. ... |
Im Gegensatz zu Hanno akzeptiert Herr Modersohn die Hierarchie und handelt innerhalb dieser. Er steht nur so weit unten, dass er die dominanten Schüler nicht angreift, sondern nur die Schwachen, wie etwa Hanno. Dadurch schafft er sich freilich keine allgemeine Autorität, sondern nur Autorität gegenüber den Schwachen.
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S.738u | Zitat | Selbst das Mitleid wird einem auf Erden durch die Gemeinheit unmöglich gemacht, dachte Hanno. Ich nehme nicht daran teil, Sie zu quälen und auszubeuten, Kandidat Modersohn, weil ich das brutal, häßlich und gewöhnlich finde, und wie antworten Sie mir? Aber so ist es, so ist es, so wird es immer und überall sich verhalten, dachte er, und Furcht und Übelkeit stiegen wieder in ihm auf. Und daß ich Sie obendrein so widerlich deutlich durchschauen muß!... | |
S.742o | Notiz | ... Dies ist nun etwas, was man nicht so leicht verstehen kann, weil es nur für ganz Erwachsene ist ... |
Offenbar sieht sich Kai noch immer selbst eher als ein Kind (obwohl sie nicht mehr weit von der Volljährigkeit entfernt sind).
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S.742u - S.743o | Zitat | [Kai:] »(...) Ach, Herr Gott, wollte die Anstalt uns erst aus ihrer liebenden Umarmung entlassen!« [Hanno:] »Ja, und was dann? Nein, laß nur, Kai, dann wäre es auch noch so: Was soll man anfangen? Hier ist man wenigstens aufgehoben. Seit mein Vater tot ist, haben Herr Stephan Kistenmaker und Pastor Pringsheim es übernommen, mich tagtäglich zu fragen, was ich werden will. Ich weiß es nicht. Ich kann nichts antworten. Ich kann nichts werden. Ich fürchte mich vor dem Ganzen ...« | |
S.743o-m | Zitat | [Kai:] »Nein, wie kann man so verzagt reden! Du mit deiner Musik ...« [Hanno:] »Was ist mit meiner Musik, Kai? Es ist nichts damit. Soll ich umherreisen und spielen? Erstens würden sie es mir nicht erlauben, und zweitens werde ich nie genug dazu können. Ich kann beinahe nichts, ich kann nur ein bißchen phantasieren, wenn ich allein bin. Und dann stelle ich mir das Umherreisen auch schrecklich vor ... Mit dir ist es so anders. Du hast mehr Mut. Du gehst hier herum und lachst über das Ganze und hast ihnen etwas entgegenzuhalten. Du willst schreiben, willst den Leuten Schönes und Merkwürdiges erzählen, gut: das ist etwas. Und du wirst sicher berühmt werden, du bist so geschickt. Woran liegt es? Du bist lustiger. (...)« | |
S.743m-u | Zitat | »(...) Ich möchte schlafen und nichts mehr wissen. Ich möchte sterben, Kai!... Nein, es ist nichts mit mir. Ich kann nichts wollen. Ich will nicht einmal berühmt werden. Ich habe Angst davor, genau als wäre ein Unrecht dabei! Es kann nichts aus mir werden, sei sicher. Neulich (...) hat Pastor Pringsheim zu jemandem gesagt, man müsse mich aufgeben, ich stammte aus einer verrotteten Familie (...) Er hat sicher recht. Man sollte mich nur aufgeben. Ich wäre so dankbar dafür!... Ich habe so vielerlei Sorgen, und alles fällt mir so schwer.« | |
S.744m-u | Notiz | ... »Schlimmer?« Hanno schwieg. »Ich weiß, wovon du spielst«, sagte Kai. Und dann schwiegen beide. Sie waren in einem seltsamen Alter. Kai war sehr rot geworden und blickte zu Boden, ohne den Kopf zu senken. Hanno sah blaß aus. Er war furchtbar ernst und hielt seine verschleierten Augen seitwärts gerichtet. ... |
?!
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S.746m | Notiz | ... Kai schrieb an seiner neuen literarischen Arbeit in dieser Stunde, und Hanno beschäftigte sich damit, daß er in Gedanken eine Orchester-Ouvertüre aufführte. ... |
Man achte hier auf den Unterschied, dass Kai tatsächlich schreibt, während Hanno nur fantasiert.
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S.750m-u | Notiz | ... Und was nun begann, war ein Fest, ein Triumph, eine zügellose Orgie ebendieser Figur, die in allen Klangschattierungen prahlte, sich durch alle Oktaven ergoß, aufweinte, im Tremolando verzitterte, sang, jubelte, schluchzte, angetan mit allem brausenden, klingelnden, perlenden, schäumenden Prunk der orchestralen Ausstattung sieghaft daherkam ... Es lag etwas Brutales und Stumpfsinniges und zugleich etwas asketisch Religiöses, etwas wie Glaube und Selbstaufgabe in dem fanatischen Kultus dieses Nichts, dieses Stücks Melodie, dieser kurzen, kindischen, harmonischen Erfindung von anderthalb Takten ... etwas Lasterhaftes in der Maßlosigkeit und Unersättlichkeit, mit der sie genossen und ausgebeutet wurde, und etwas zynisch Verzweifeltes, etwas wie Wille zu Wonne und Untergang in der Gier, mit der die letzte Süßigkeit aus ihr gesogen wurde, bis zur Erschöpfung, bis zum Ekel und Überdruß, bis endlich, endlich in Ermattung nach allen Ausschweifungen ein langes, leises Arpeggio in Moll hinrieselte, um einen Ton emporstieg, sich in Dur auflöste und mit einem wehmütigen Zögern erstarb. ... |
Die Wikipedia zitiert diese Passage (das Ende von Hannos Improvisation am Flügel) als Beispiel dafür, wie man literarisch einen Orgasmus umschreiben kann.
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S.757o | Notiz | ... Denn Gerda nahm nichts mit und ging fort wie sie gekommen war. ... |
Erinnert etwas an Christians Rückkehr aus Chile. Von dort brachte er auch praktisch nichts mit.
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S.758o-m | Zitat | Und dann rief man sich jene letzte Episode ins Gedächtnis zurück ... den Besuch dieses kleinen, abgerissenen Grafen, der sich beinahe mit Gewalt den Weg zum Krankenzimmer gebahnt hatte ... Hanno hatte gelächelt, als er seine Stimme vernahm, obgleich er sonst niemanden mehr erkannte, und Kai hatte ihm unaufhörlich beide Hände geküßt. »Er hat ihm die Hände geküßt?« fragten die Damen Buddenbrook. »Ja, viele Male.« Hierüber dachten alle eine Weile nach. |
7. Glossar zu Teil 11
Seite | Textstelle | Erläuterung / Übersetzung |
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S.696o | ... Generationen überlieferten Kleinods, entäußern, daß ... |
Schmuckstück (im übertragenen Sinne), siehe Kleinod
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S.696u | ... vollbrachte die Saumseligkeit des alten ... |
saumselig: Mit der Erfüllung einer Pflicht im Rückstand, siehe saumselig
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S.702o | ... war im Nachen ein wenig ... |
Kleines Wasserfahrzeug ohne Mast und Verdeck, siehe Nachen
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S.707o | ... mit roten Klinkern gepflasterten Hof ... |
Widerstandsfähige und wasserabweisende Ziegelsteine, siehe Klinker
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S.707u | ... breite, mit Linoleum gedeckte Treppe ... |
Elastischer Bodenbelag, der unter anderem aus Leinöl, Korkmehl und Jutegewebe gefertigt wird, siehe Linoleum
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S.710m | ... nur der Katzenjammer nicht wäre«, ... |
hier: Die schlechte Stimmung nach dem "Erwachen" aus dem Rausch (des Theaterbesuchs), siehe Katzenjammer
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S.711o | ... nicht, aus Pietät ... Nein, ... |
Achtung, Respekt, Ehrfurcht, siehe Pietät
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S.711u | ... männlichen Stimmen, Diskanten und sich ... |
hier: hohe Stimmen, vgl. Diskant (Instrument)
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S.712u | ... von sympathischem Embonpoint, mit großer ... |
Leibesfülle, siehe embonpoint
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S.715u | ... sehr viel Gesindes besessen habe. ... |
Veraltet für Dienerschaft eines Gutsherrn, siehe Gesinde
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S.718u | ... Krawatten, ein stutzerhaftes Röckchen, zartfarbene ... |
Übertrieben modisch, eitel, siehe Stutzer
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S.718u | ... die mit Strippen unter den ... |
Schnüre, siehe Strippe
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S.718u | ... mit farbigen Borten. Bescheidener Leute ... |
Hier: Ränder der Taschentücher, siehe Borte
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S.719o | ... Unerlaubtheiten auf distinguierte Art zu ... |
vornehm; sich durch betont gepflegtes Auftreten oder Ähnliches von anderen abhebend; siehe distinguiert
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S.724u | ... ließen die Schäfte von einem ... |
Schaft: Teil eines Stiefels, der die Wade umschließt, siehe Schaft
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S.725m | ... in den Extemporalien ganz leicht ... |
Eine unangekündigte schriftliche Prüfung, siehe Extemporale
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S.729o | ... sein, Sie Kretin! Dumm =und= ... |
Dummkopf, siehe Kretin
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S.730m | ... »O Buddenbrook, _si tacuisses_! Sie entschuldigen ... |
"Wenn du geschwiegen hättest, so wärest du ein Philosoph geblieben", siehe Si tacuisses,_philosophus_mansisses
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S.730u | ... Genie, ein Rhapsode ... Setzen ... |
Wandernde Musiker im antiken Griechenland, siehe Rhapsode
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S.731m | ... in tapferer Attitüde, streitbar und ... |
Haltung, Pose, siehe Attitüde
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S.731m | ... bereit, den Strauß zu wagen. ... |
Veraltet für: Streit, Kampf, siehe Strauß
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S.740o | ... vor rasender Devotion. Es herrschte ... |
Unterwürfigkeit, siehe Devotion
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S.748m | ... durch die preziöse und feierliche ... |
vgl. prezioso: wertvoll, kostbar; siehe prezioso
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S.748m | ... Gehen von Synkopen, suchend, irrend ... |
Musikalisches Gestaltungsmittel, welches das Betonungsschema eines Taktes aufbricht, siehe Synkope (Musik)
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S.748m | ... von hastigen Triolen; die Schreie ... |
Grob: drei aufeinander folgende Noten, die etwas schneller gespielt werden als gewöhnlich, siehe Triole (Musik)
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S.748u | ... er. Eine Fermate kam, und ... |
Hier wohl: Besonders lang gespielte Note(n) (sonst auch: Generalpause), siehe Fermate
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S.749u | ... und aufstachelnde Pianissimi, die wie ... |
pianissimo: sehr leise gespielt, siehe Dynamik (Musik)
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S.749u | ... der empordrängenden Kakophonien darüber her, ... |
Kakophonie: harte, unangenehme oder unästhetisch klingende Geräusche/Laute, siehe Kakophonie
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S.750o | ... die lechzende Drangsal zur Unerträglichkeit ... |
Zwang, Bedrängnis, siehe Drangsal
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S.750o | ... und sehnsüchtigem Ritardando sogleich in ... |
Allmähliches Langsamerwerden im Tempo, siehe Ritardando
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S.753m | ... Jodkalium bedienen, Chinin und Antipyrin ... |
Bitteres Pulver, welches unter anderem fiebersenkend und schmerzstillend wirkt, siehe Chinin
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S.753m | ... Chinin und Antipyrin verschreiben und, ... |
Ein pulverförmiges Schmerzmittel, siehe Antipyrin
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S.757o | ... sie war unpäßlich und hatte ... |
gewöhnlich: leicht erkrankt, sich unwohl fühlend; hier wohl: schlecht gelaunt, gereizt, sich unpassend verhaltend; siehe unpässlich
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Kommentare (3)
Von neu nach altWir bitten um ihr Verständnis.